Koloss auf leisen Sohlen
Stefan Siebenhaar ist 52-jährig und Geschäftsführer Operations der SV Schweiz. In der Öffentlichkeit bewegt sich sein Unternehmen eher diskret, trotzdem gehört es zu den grössten Playern der Gastronomie und Hotellerie im Land.
Stefan Siebenhaar, als operativer Geschäftsführer der SV Schweiz bist du Chef von mehreren tausend Mitarbeitern in der Gastronomie und Hotellerie, wie bist du dazu gekommen?
Stefan Siebenhaar: Von Haus aus bin ich Ökonom und habe früher einmal im Detailhandel gearbeitet. Von dort stammt meine Freude an Lebensmitteln, welche mich dann sukzessive in die Gastronomie geführt hat. Nach meiner Ausbildung habe ich zunächst einige Zeit im Airline Catering bei Gate Gourmet verbracht und habe dort unter anderem vier Jahre die Geschäfte in Spanien geführt.
Erzähle uns ein wenig mehr über das Airline Catering. Was sind die Besonderheiten in der Flugzeug-Verpflegung?
Nun, das Airline Catering ist heutzutage vor allem ein Logistikgeschäft. Die Kulinarik ist in einem grossen Teil des Geschäfts absolut sekundär. Besonders in der Economy Class, wo eine Hauptmahlzeit auf einem Langstreckenflug kaum mehr etwas kosten darf, liegt nicht mehr allzu viel Kochkunst drin. Der Hauptfokus liegt also darin, das Essen zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort zu haben, und das Ganze natürlich jederzeit kostenmässig zu optimieren.
Von Gate Gourmet hast du nach einigen Jahren zu SV Schweiz gewechselt, wie kam das?
Das geschah eigentlich durch Zufall. Es ging mir wie vielen anderen Schweizern auch, die SV Group war mir ursprünglich nicht wirklich ein Begriff. Ein alter Chef von mir, der in der Zwischenzeit für SV Schweiz tätig war, hat mich schlussendlich mit dem Unternehmen bekannt gemacht.
Was macht die SV Schweiz aus, wie positioniert ihr euch?
Unser Ziel ist es, dass die Kunden und Gäste unsere Angebote als gluschtig, frisch, gesund und nachhaltig erleben. Dafür möchten wir bekannt sein und dafür setzen wir uns ein.
Um unsere Vorstellung von Gastronomie für den Kunden erlebbar zu machen, versuchen wir beispielsweise die Küche zum Kunden zu bringen. Gekocht werden soll nicht versteckt im Hinterzimmer, sondern so weit wie möglich direkt vor dem Gast, so dass schon die Zubereitung zum Erlebnis wird.
Das stärkste Standbein der SV Schweiz ist die Gemeinschaftsgastronomie. Was gehört sonst noch zu euren Tätigkeitsfeldern?
Unser Kern ist, wie du sagst, die Personalgastronomie. Daneben betreiben wir aber auch verschiedene Hotels, wobei wir hier vor allem als Franchise-Nehmer der Marriott Gruppe unterwegs sind. Das bekannteste unserer Häuser ist aktuell sicher das Renaissance in Zürich West.
Ist die Hotellerie für euch ein strategisches Wachstumsfeld oder eher ein Hobby?
Die Personalgastronomie ist und bleibt unser geschäftlicher Mittelpunkt. Gleichzeitig wollen wir aber auch das Hotel-Geschäft weiter ausbauen. So werden wir beispielsweise ab 2017 in Deutschland verschiedenste «Moxy»-Hotels eröffnen. Moxy ist ein sogenanntes Lifestyle Budget Hotelkonzept, welches attraktives Design und günstige Preise miteinander verbindet. Die Räumlichkeiten und Zimmer sind unkonventionell, modern – und gleichzeitig ausgesprochen gemütlich.
Spannend – und um das Portfolio abzurunden betreibt ihr auch noch ein Eventcatering Geschäft und mehrere öffentliche Restaurants.
Das ist richtig, mit dine&shine sind wir seit mehreren Jahren im Eventcatering aktiv. Einerseits tun wir dies als Partner verschiedener Locations, wie zum Beispiel der MAAG Halle und der Umweltarena, andererseits unterstützt dine&shine gastronomisch jedes Jahr zahlreiche Corporate- und Public Events in der ganzen Schweiz.
Daneben betreiben wir als SV Schweiz den Verpflegungsbereich verschiedener weiterer Eventstandorte, wie zum Beispiel im Stade de Suisse oder in der Messe in Zürich, wo wir von VIP Verpflegung bis zum Snack-Stand alles umsetzen.
In der öffentlichen Gastronomie treten wir vor allem unter dem Namen «SPIGA Ristorante» auf. «SPIGA» ist ein italienisches Konzept, mit welchem wir aktuell sechs Restaurant-Standorte, vor allem in städtischen Gebieten, betreiben.
Was ist denn eigentlich eure Geschichte als Unternehmen? Wo kommt ihr her, was sind eure Wurzeln?
Die SV Group wurde 1914 gegründet; unsere Gründerin, Else Züblin-Spiller, hat im ersten Weltkrieg Soldatenstuben betrieben. Das Ziel war, den Soldaten in ihren Pausen einen Ort zu bieten, wo sie vernünftig und ohne im Alkohol zu versinken, ihre Freizeit verbringen und eine warme Mahlzeit geniessen konnten. Nach dem Krieg gab es den einen oder anderen Unternehmer, der sich an die Soldatenstuben erinnerte und den Wunsch äusserte, auch in seiner Firma eine Art „Kantine“ zu eröffnen. Und so führen wir noch heute Personalrestaurants von Firmen, mit welchen wir schon seit der Nachkriegszeit verbunden sind.
Aus den Soldatenstuben ist einer der grössten Schweizer Gastronomie und Hotellerie Konzerne geworden. Kannst du uns ein paar Zahlen nennen, wo ihr heute steht?
In der Personalgastronomie führen wir heute rund 300 Betriebe und beschäftigen in der Schweiz rund 5'000 Mitarbeiter. Damit sind wir in diesem Marktsegment der grösste Anbieter in der Schweiz. Dazu kommen die erwähnten Betriebe in Hotellerie und öffentlicher Restauration. Insgesamt betreiben wir als SV Group in der Schweiz, in Deutschland und in Österreich mehr als 600 Standorte und beschäftigen rund 8'500 Mitarbeiter.
Werfen wir noch einen Blick in die Zukunft. Wo steht die SV Group in fünf Jahren, in welche Richtung wollt ihr euch bewegen?
Ich glaube, dass wir uns geografisch auch in den nächsten Jahren auf die Schweiz, auf Deutschland und auf Österreich fokussieren werden. Wir haben in naher Zukunft kein Wachstumsziel ausserhalb dieser drei Länder. Hier sind wir als Unternehmen Zuhause und hier fühlen wir uns wohl. Auch thematisch werden wir in unseren bestehenden Geschäftsfeldern bleiben und wollen hier natürlich weiterwachsen. Dabei werden sicher weitere Betriebe und Marken dazukommen, aber von der thematischen Ausrichtung her werden wir uns treu bleiben.
Etwas, was all eure Geschäftszweige vereint, ist der Dienstleistungscharakter. Sowohl in der Gastronomie als auch in der Hotellerie geht es darum, Gäste glücklich zu machen. Die Frage zum Schluss, was ist der wichtigste Faktor, um eine hohe Gästezufriedenheit zu erreichen?
Ich denke, das wichtigste Bedürfnis unserer Gäste ist, so simpel es tönt, dass sie sich wohl fühlen. Unsere Gäste leben in einer hektischen Zeit, mit vielen Informationen und einer hohen Kadenz. Darum wollen wir mit unseren Betrieben Orte schaffen, wo Menschen sich wohlfühlen, wo sie ein frisches und gesundes Essen geniessen, sich mit anderen Menschen austauschen und für einen Moment herunterfahren können. Ein solches Umfeld bieten zu können, ist aber nur möglich dank unseren motivierten, qualifizierten und herzlichen Mitarbeitern, die in den einzelnen Betrieben vor Ort im Einsatz stehen.
Stefan Siebenhaar, herzlichen Dank für das Gespräch.
Stefan Siebenhaar ist verheiratet und Vater von zwei Kindern. Seit acht Jahren leitet er das operative Geschäft der SV Schweiz. Seine Freizeit verbringt er am liebsten auf dem Tennisplatz.